Ethik
Vom richtigen Umgang unter Menschen zum richtigen Umgang mit der Natur
Hermann H. Rampacher, Wissenschaftszentrum (DLGI), Bonn
Vortrag im Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW),
Ulm, am 27. November 2002
(Erweiterte und vertiefte Fassung)
Ethik auf dem Wege zur exakten Wissenschaft
Ohne andere Zugänge abwerten zu wollen, bieten wir einen neuen, wissenschaftlich exakten Zugang zur Ethik, frei von
Metaphysik und jeder moralischen oder rechtlichen Überzeugung. Sein Grundgedanke: Axiomatisch vorgegebene Aufgabe der
Ethik ist, Regeln empirisch zu erforschen, die als „ethische Normen“ notwendig und hinreichend sind, jedem Menschen,
wo immer und wann immer er lebt, die Sicherheit zu verschaffen, die wir aufgrund unseres Wissens und unseres Könnens
absehbar erreichen können. Im Unterschied zu bisherigen Zugängen zur Ethik können auch normative Konflikte formal
gelöst und Begriffe wie Gerechtigkeit, Solidarität, Freiheit und Nachhaltigkeit in makroethische metrische Begriffe
überführt und für jeder Kultur und jeden Staat gemessen werden. Grundlegenden moralische und rechtliche Normen
(Menschenrechte) werden reproduziert.
Inhalt
- Plädoyer für eine ethische Großforschung
- Interaktionen und Normen
- Ethische Normen, Risikofaktoren und Risiken
- Normative Konflikte und ihre Lösung
- Normative Konflikte und Werte
- Aufgaben von Religion, Recht und Politik
- Zusammenfassung
- Literatur
1. Plädoyer für eine ethische Großforschung
Zusammenfassung
Durch Gedankenexperimente oder allgemeiner interdisziplinäre Forschungsprojekte können mit unserem Können verknüpfte,
untereinander korrelierte Normen gefunden werden, die global wie regional Natur und Gesellschaft stabilisieren und
zugleich die Sicherheit und damit die Freiheit jedes einzelnen optimieren.
To counter the problems that we face, we have to see individual freedom as a social commitment.
Amartya Sen
1.1 Moral und Recht setzen, Ethik begründet Normen
„Deutsche sehen Kirchen als Bremser“ titelt die Süddeutsche jüngst und fährt fort : “Die meisten Deutschen legen
Umfragen zufolge bei den Themen Bioethik, Abtreibung und Sterbehilfe andere Normen zugrunde als die beiden großen
Kirchen. Renate Köcher, Leiterin des Instituts für Demoskopie in Allensbach sagte vor der Synode der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD) in Timmendorfer Strand, die Autonomie des Einzelnen werde höher geschätzt als der
unbedingte Schutz des Lebens. Die Befragten setzen ihre Hoffnung auf Forschritte in Medizin und Technik; sie
erwarteten aber, dass die Gesellschaft sich zum schlechteren entwickle. Die Kirchen würden dabei als Bremser gesehen,
die der Entwicklung hinterherliefen.“ [SZ 255].
Moral und Recht sind Überzeugungssache. Wir zeigen im folgenden, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ethik rein
wissenschaftlich und ohne Rückgriff auf Metaphysik, moralische wie rechtliche Überzeugungen „richtige Normen“,
ihre Ränge sowie Werte wie Gerechtigkeit, Solidarität, Freiheit und Nachhaltigkeit erklären kann. Grundlegende
moralische und rechtliche Normen erweisen sich als elementare richtige Normen.
1.2 Normative Konflikte
Darf ein nicht mehr wettbewerbsfähiges Unternehmen Arbeitskräfte entlassen? Dürfen Gewerkschaften des öffentlichen
Dienstes zu Lasten von Menschen streiken, die keine Verantwortung für die Besoldungshöhe tragen? Muss ein Menschenrechte
ignorierender Staat notfalls militärisch befriedet werden?
Aktive Normen wie Arbeitsplätze zu sichern, Menschen vor Armut und Unbildung zu bewahren oder passive wie Menschen
durch Unterlassung von Übergriffen aller Art wirksam zu schützen, „sollen“ unbedingt respektiert werden. Oft prallen
sie indessen zusammen wie ungebremst aufeinander zu rasende Züge.
Ein ähnliche Normenkollision spaltete z. B. Deutsche im Vorfeld rechtlicher Regelungen im Umgang mit im Reagenzglas
befruchteten menschlichen Embryonen. Im eingangs zitierten Artikel heißt es u.a. weiter: „Der Heidelberger Theologe
Wilfried Härle erklärte, nach christlichem Verständnis gelte die Würde, die Gott jedem Menschen verleihe, von Beginn
bis Ende des Lebens. Dem widersprach sein Kollege Richard Schröder: Wenn die Mehrzahl der befruchteten Eizellen vor
der Einnistung in die Gebärmutter stürbe, dann können man erst ab dem Beginn der Schwangerschaft vom unbedingten
Schutz des menschlichen Lebens sprechen.“
Laut Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ [Simma, S. 5 – 10] gilt die Menschenwürde als Grundsatz
nationalen [Seifert, S. 44 ff.] und internationalen Rechts. Zugleich betrachten sie Philosophen und Theologen oft
als Grundlage der Moral. Selbst wenn normative Konflikte bereits ausgebrochen sind, soll der Bezug auf Menschenrechte
„alles richten“.
1.3 Wann wird Gerechtigkeit zum Problem?
Gerechtigkeit wird nur zum Problem, wenn Ziel- oder Interessenkonflikte aufbrechen [z. B. Kelsen, S. 15]. Zielkonflikte.
Zielkonflikte, die Kulturen und Staaten am tiefsten spalten, sind moralische Konflikte. Denn der Wunsch nach
Gerechtigkeit ist tief verwurzelt im Herzen der Menschen [Kelsen, S. 14].
Wüssten wir nur genauer, wie die „Würde des Menschen“ oder die Gerechtigkeit eines Staates mit Häufigkeit und Schwere
in diesem aufgebrochener normativer Konflikte zusammenhängt! Bereits deren Entstehung vorzubeugen, wäre das beste.
Doch was tun, wenn die Prävention bereits gescheitert ist?
1.4 Wie gehen wir richtig mit Natur und Technik um?
Der Umgang mit im Reagenzglas befruchteten menschlichen Zygoten, Umweltbelastungen durch Landwirtschaft, Verkehr und
Energieerzeugung, Treibhauseffekt, Manipulationen im Umgang mit elektronischen Kommunikationsmitteln und viele
weiteren Anwendungen von Technik und Medizin führen zu neuartigen Zielkonflikten. Überkommene moralische Normen
können kaum helfen, sie beizulegen.
Der wohl gravierendste Zielkonflikt entsteht aus der immer besseren medizinischen Versorgung: Noch rasantes
Bevölkerungswachstum im Süden und rasch fortschreitende Überalterung im Norden führt wegen globaler
Wanderungsbewegungen absehbar zu kulturellem und wirtschaftlichem Sprengstoff.
1.5 Moral als Praxis, Ethik als Wissenschaft richtigen Handelns
Moral und Ethos bedeuten beide Herkommen, Gewohnheit, Brauch, Sitte. Fachleute verstehen unter Moral die kulturell
überlieferte Praxis richtigen Handelns. Aus Ethos hat Aristoteles Ethik als Disziplin der Staatswissenschaft abgeleitet
[Aristoteles 3, S. 2], sowohl dem Wohle des einzelnen wie dem des Staates verpflichtet.
Zugleich jonglieren Moral und Recht mit Begriffen wie Autonomie, Gerechtigkeit, Freiheit, Schuld und Sühne. Auch
diese Begriffe sucht Ethik zu erklären.
1.6 Zur Rechtfertigung der Schlüsse vom Sein aufs Sollen
Bekanntlich ist der Schluss von dem, was ist, auf das, was sein soll, logisch so unzulässig, wie der Schluss von
dem, was ist, auf das, was sein wird. Schlüsse der zweiten Kategorie, ziehen wir indessen alle täglich.
Das meist unvollständig zitierte geflügelte Wort „Wissen ist Macht“ ist jedenfalls dann gut begründet, wenn es
sich um kausales Wissen handelt. Denn dieses führt in Gestalt von Naturgesetzen zu Regeln der Naturbeherrschung
durch Technik und Medizin [Bacon].
Medizin und Technik nutzen unter meist nicht genannten Voraussetzungen neben kausalen auch normative Schlüsse.
In der Medizin ist dies die implizite Voraussetzung, Menschen sollten in ihrer Handlungsfreiheit durch Krankheiten
möglichst wenig behindert werden. Und die Technik setzt stillschweigend voraus, Menschen sollten ihre ihnen durch
die Natur auferlegten biologischen Fesseln durch Konstruktion stabiler technischer Systeme lockern.
Unter welchen Voraussetzungen sind nun normative Schlüsse so gut begründet wie kausale Schlussfolgerungen?
1.7 Spiegelt Ethik Ansichten oder Fakten wider?
Während Aristoteles verbreitete kulturelle Ansichten [Aristoteles, S. 4] analysiert, um Verhaltensweisen – Tugenden
genannt – zu gewinnen, die uns beim Handeln leiten, hat bereits Platon Normen als objektive Bedingungen betrachtet,
die – wenn alle sie beachten – den gerechten Staat stabilisieren [Platon, S. 48 ff]. Normen spiegeln so nach Platon
die Wirklichkeit, nicht bloße Überzeugungen wider.
Von Aristoteles bis Rawls [Rawls] sehen indessen Philosophen meist in moralischen Überzeugungen den Ausgangspunkt
der Ethik [z. B. Nida-Rümelin, S. 3] und sprechen deshalb von Moralphilosophie. Durch „Universalisierung“
[z.B. Mackie. S. 104 ff] suchen sie aus Überzeugungen Universalnormen heraus zu filtern.
Dies traditionelle Vorgehen hat uns ein „Chaos an Schulmeinungen“ beschert [Patzig, S. 99]. Bei der Behandlung häufig
auftretender normativer Konflikte verfängt sich die Moralphilosophie in Aporien [Wieland, S. 46] und lässt
Verantwortliche in Politik, Wirtschaft, Technik und Medizin im Stich.
1.8 Wie exakt ist Ethik als Wissenschaft?
Spinoza [Spinoza] und auch Comte [Comte] halten ethische Aussagen von der Exaktheit der Geometrie für möglich.
Von Wright [Wright] oder Lorenzen [Lorenzen] befürworten sogar eine eigene Logik ethischer Aussagen.
Andere sehen in der Minimierung vermeidbaren Leids [z.B. Popper] das Grundprinzip einer – dann empirisch gehaltvollen
– und vor allem auf Politik anwendbaren Ethik. Mill, einer der Begründer des Utilitarismus [Mill 85], der Schaden
zu minimieren oder Nutzen zu optimieren sucht, glaubt, die Rückständigkeit der Sozialwissenschaften – zu denen nach
Aristoteles ja die Ethik gehört – ließe sich durch methodische Anleihen bei der Physik [Mill 97] beheben.
1.9 Platon und Montesquieu als Väter ethischer Systemtheorien
Platons Erklärung von Normen als kollektive Überlebensbedingungen zum Wohle des einzelnen lässt sich schrittweise
zum einem Universalprinzip verallgemeinern:
- Es geht um alle lebensnotwendigen Systeme, nicht nur um Staaten.
- Handlungen werden vorgeschrieben, wenn sie – von allen befolgt – absehbar zur Stabilisierung solcher Systeme beitragen;
je mehr eine einzelnen Norm zur Systemstabilität beiträgt, desto größer ihr nur empirisch zu bestimmender Rang.
- Die so gewonnenen Systemtheorien werden durch gegenseitige Verknüpfungen von Handlungsnormen stetig erweitert.
Auf diese Weise werden normative Konflikte durch Berücksichtigung des Rangs unterschiedlicher darin verwickelter
Normen auch formal lösbar.
Das so erweiterte Stabilitätskriterium Platons könnte auch eine weitere Fassung des kategorischen Imperativs von Kant
sein [Kant], wobei Kants Imperativ sich als Maxime auf den Willen eines Verantwortlichen bezieht, hingegen keine
Forderung ist, die unmittelbar auf die durch das Kausalprinzip beherrschte Wirklichkeit anzuwenden ist.
Doch verfolgen wir hier die Vermutung nicht weiter, dass zumindest die Extension der aus Kants Imperativ folgenden
normativen Aussagen mit den aus Platons erweitertem Kriterium abgeleiteten Gebots- und Verbotsnormen übereinstimmt.
Montesquieu hat rechtliche Normen analysiert und erkannt, dass sie in der Wirklichkeit verankert sind und sich ihre
wechselseitigen „Bezüge .... aus der Natur der Dinge ergeben“ [Montesquieu, S. 97 ff].
Das von Plato eingeführte Prinzip besitzt weitere, fast unschätzbare Vorteile: Es lässt sich mit unserem durch
Wissenschaft du Technik stetig erweiterbaren Können verknüpfen und in mathematischer Sprache formulieren. So werden
aus qualitativen exakte dynamische ethische Systemtheorien mit wachsendem empirischen Gehalt. Sie lassen sich sowohl
auf der Mikroebene (Normen) wie der Makroebene (Normen und Werte) insbesondere mit Mitteln der mathematischen Statistik
beschreiben.
Auf der Makroebene können wir Normen – wie z. B. astronomische Gesetze – durch Beobachtung auf statistischer Basis
stets auf ihre Richtigkeit überprüfen. Kontrollierte Experimente sind in der Ethik dagegen nicht möglich [z. B. Stiglitz,
S.160 ], unkontrollierte gibt es leider genug [Stiglitz, S. 161].
2. Interaktionen und Normen
Zusammenfassung
Wie mit einander korrelierte physikalische Interaktionen auf der Basis kausaler Theorien zu technisch anwendbaren
Naturgesetzen gehören, gehören ethisch relevante und untereinander korrelierte Interaktionen auf der Basis der vom
Stabilitätsprinzip konstituierten Systemtheorien zu universell anwendbaren Verhaltensnormen unterschiedlichen Ranges.
Die Rückständigkeit der Moralwissenschaften kann nur dadurch behoben werden, indem man die entsprechend ausgedehnten
und verallgemeinerten Methoden der Physik auf sie anwendet.
John Stuart Mill, Zur Logik der Moralwissenschaften
2.1 Interaktionen
Aktive oder passive Handlungen – Taten oder Unterlassungen – , die wir einzelnen oder in Gruppen aufgrund unsres
praktischen oder unseres wissenschaftlich-technischen Könnens ausführen können, stehen im folgendem im Mittelpunkt.
Eine vorgegebene Handlung werde durch endliche Folgen von Interaktionen beschreiben. Die Ermittlung von Interaktionen als
Phänomene in Raum und Zeit sowie als Komponenten möglicher Handlungen bildet deshalb den eigentlichen empirischen
Ausgangspunkt der folgenden programmatischen Überlegungen. Interaktionen sind stets Teil der raum-zeitlichen Welt
und spiegeln deshalb die Wirklichkeit und nicht unsere Überzeugungen wider.
Bei Tieren sprechen wir nicht von Handlungen, auch wenn es insbesondere bei Primaten zu einfachen zielgerichteten
Taten kommen kann. Doch die Menge von Zielen, die Tieren erreichbar sind, ist eng begrenzt. Dieser Sachverhalt
macht die Einzigartigkeit des Menschen aus: Nur für seine Handlungen existieren keine formulierbaren Grenzen,
und nur er trägt deshalb für seine Grenzen sprengenden Handlungen Verantwortung. Wie Menschen als in einer bestimmten
Kultur aufwachsende Personen zu moralischen Normen und Urteilen als Grundlage verantwortlichen Verhaltens gelangen,
untersuchen Psychologie [z. B. Kohlberg] oder Verhaltensforschung [u.a. Dehner, Wickler].
2.2 Normative Systemtheorien mit empirischer Basis
In der ersten Stufe unserer Systemtheorien beschränken wir uns auf qualitative Begriffe.
In der zweiten lassen sich normative Aussagen auf der Makroebene durch vergleichende statistische Beobachtungen auf
ihren Wahrheitsgehalt überprüfen und vor allem – in den Grenzen unseres aktuellen Wissensstandes – auf die Abschätzung
der dynamischen Stabilität existierender lebensnotwendiger Systeme anwenden.
Handelt es sich speziell um Sozialsysteme können wir auf der Makroebene tradierte, auch religiös fundierte
Wertbegriffe wie Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und neuere wissenschaftliche wie Nachhaltigkeit in beobachtbare
metrische Ist- und Soll-Begriffe überführen.
Hier zwei beispielhafte ethische Aussagen, deren Wahrheitsgehalt auf der Makroebene empirisch überprüfbar ist:
„Das Betrugsverbot ist eine richtige Norm“ und „technische Eingriffe in die Natur möglichst reversibel zu halten
ist eine richtige Norm“.
Vergleicht man bisher die Entwicklung ganzer Kulturkreisen [z.B. Huntington, S. 42 – 48] sowie von Staaten
[z.B. Tocqueville, Kennedy] und Volkswirtschaften [z.B. Landes] kann man deren Langfriststabilität schon qualitativ
abschätzen.
2.3 Agenten und von ihnen ausführbare ethische Interaktionen
Tragen Interaktionen in Raum und Zeit eindeutig zur Stabilisierung oder Destabilisierung lebensnotwendiger Systeme bei,
mögen sie ethische Interaktionen heißen. Sie stehen im Mittelpunkt der Ethik wie physikalische Interaktionen in dem
der Physik stehen. Ethische Interaktionen sind indessen final und nicht kausal bedingt. Zugleich sind auch sie dem
Kausalprinzip unterworfen.
Eine Interaktion sei eine zweistellige Relation r(a, o) zwischen einem Agenten a und einem Objekt o in Raum und Zeit.
Diese sei genau dann eine ethische Interaktion e(a, o), wenn sie – hypothetisch von allen entweder aus- oder nicht
ausgeführt – diejenigen lebensnotwendigen Systeme destabilisieren, in denen sie vorkommen kann.
2.4 Elementare und nichtelementare ethische Interaktionen
Beschreibt e eine Mensch-Mensch-Interaktion und können wir diese und ihre absehbaren Auswirkungen auf die
Langfriststabilität durch Gedankenexperimente beschreiben, heiße sie elementar. Brauchen wir dagegen Wissenschaft
und Forschung, um den Einfluss von e auf die Langfriststabilität abzuschätzen, heiße e’ nichtelementar.
Beispiel für eine nichtelementare ethische Interaktion ist das Tabakrauchen. Ob dieses destabilisierend wirkt,
kann uns nur die moderne Medizin lehren. Heute wissen wir: Schon die vorhandene Verteilung von Rauchern und
Nichtrauchern führt weltweit jährlich zu etwa vier Millionen Toten. Würden alle Jugendliche und Erwachsene
regelmäßig stark rauchen, würde dies absehbar zum Untergang unserer Spezies führen.
Mit einer vorgegebenen elementaren Mensch-Mensch-Interaktion können nichtelementare – Interaktionen äquivalent sein,
die sich mittelbar gegen den einzelnen richten. Auch diese subsumieren wir unter dem Begriff der elementaren
ethischen Interaktion.
Wird ein Haus angezündet - oder durch technische Einwirkungen zerstört, etwa gesprengt - , dann wird dadurch zwar
nicht jeder im Haus befindliche Mensch unmittelbar von einem anderen Menschen getötet, wohl aber mit dem Tode
bedroht. Diese Interaktion ist also der elementaren äquivalent, bei der ein Mensch unmittelbar und direkt durch
einen anderen Menschen mit dem Tode bedroht wird.
2.5 Die Agentenmenge definiert Akteure als Verantwortungsträger
In der Praxis sprechen wir davon, dass Menschen oder kollektiv handlungsfähige soziale Gruppen wie Regierungen,
Unternehmens- oder Gewerkschaftsvorstände für ihre Taten oder Unterlassungen Verantwortung für Menschen und Dinge
und gegenüber den jeweils Betroffenen tragen.
Genau die Menge A der Agenten a, die e(a, o) ausführen können, beschreibe Akteure, die für Ausführung wie
Nichtausführung von e verantwortlich sind.
Je mehr unterschiedliche Interaktionen Agenten ausführen können, desto kleiner sind erfahrungsgemäß die Mengen der
Personen und sozialen Gruppen, die diesen Agenten zuzuordnen sind.
Unser Vorgehen macht qualitative Untersuchungen, wie sie z. B. Jonas [Jonas 80, Jonas 85] vorgelegt hat, überflüssig.
Anstelle philosophisch spekulativer Analysen treten interdisziplinäre Forschungsprojekte, wie wir sie bereits aus der
medizinischen Forschung oder der Umweltforschung kennen.
2.6 Objekte von Interaktionen
Objekte von Interaktionen, die einer vorgegebenen Interaktion e ausgesetzt sind, bilden hinsichtlich e eine Klasse.
Alle Lebewesen als Objekte leiden unter den Interaktionen töten und verletzen, aber nur Menschen unter Interaktionen
wie Korruption oder Bestechung.
Pauschale Interaktionen wie töten oder verletzten lassen sich durch Einführung von Untermengen präziser beschreiben,
lassen sich "verfeinern". Z. B. wirken bestimmte Substanzen auf eine Spezies tödlich , auf eine andere nicht.
Je mehr unterschiedliche Interaktionen, zu denen physikalische, chemische, biologische, psychische, aber auch
kulturell und wirtschaftlich geprägte Interaktionen zählen, ein Objekt beeinflussen können, desto mehr
unterschiedlichen Interaktionsklassen gehört es an. Je mehr Interaktionen Menschen bedrohen können, desto größer
das Maß ihrer Individualität.
Ein Embryo als Vorstufe voll entwickelten menschlichen Lebens besitzt weit geringere Individualität als ein neu
geborenes Kind, dieses eine geringere als ein Erwachsener. Identität ist nicht nur biologisch, sondern vor allem
auch sozial und kulturell definiert. Diese in Sachverhalten begründeten Unterschiede werden bei der Lösung
normativer Konflikte (4. Abschnitt)entscheidend.
2.7 Ethische Interaktionen und ethische Systeme
Auf der Grundlage des verallgemeinerten Stabilitätsprinzips führen wir die folgenden Definitionen ein.
- Führen alle Agenten der Klasse A die Interaktion v(a, o) hypothetisch regelmäßig aus und destabilisiert dies
langfristig alle Systeme, in denen v(a, o) erklärt ist, dann sei v eine verbotene ethische Interaktion.
- Führen alle Agenten der Klasse A die Interaktion g(a, o) hypothetisch regelmäßig nicht aus und destabilisiert
dies langfristig alle Systeme, in denen g(a, o) erklärt ist, dann sei g eine gebotene ethische Interaktion.
Interaktionen, die nicht eindeutig entweder zur eine oder zur andere der beiden Klassen gehören, gelten nicht als
ethische Interaktion.
Systeme, die sich entweder durch ausgeführte oder durch nicht ausgeführte ethische Interaktionen destabilisieren lassen,
mögen ethische Systeme heißen.
Dabei geht es bei der Identifizierung normativer Interaktionen um absehbare Langfristfolgen von Interaktionen, die
wir aufgrund unseres praktischen oder wissenschaftlich-technischen Könnens tatsächlich ausführen können.
Absehbar langfristige Folgen deshalb, weil diese als Grenzwerte besser abzuschätzen sind als tatsächliche kurz-
oder mittelfristige Folgen. Es handelt sich so bei der zu skizzierenden normativen Systemtheorie um eine - wie es in
der Fachsprache heißt - eingeschränkt konsequentialistischen Theorie [Nida-Rümelin]..
2.8 Aktive und passive ethische Stabilitätsbedingungen
Jeder nach dem Stabilitätsprinzip verbotenen ethischen Interaktionen ordnen wir eine passive, jeder gebotenen eine
aktive Stabilitätsbedingung zu.
Schon einfache Gedankenexperimente zeigen: Aktive wie passive Normen aus dem Weltkulturerbe, insbesondere dem
gemeinsamen Erbe der Weltreligionen, fallen – wie eingangs konstatiert – mit elementare ethischen Stabilitätsbedingungen
zusammen.
Wenn jeder sich selbst tötete, jede schwangere Frau ihr Ungeborenes abtriebe, Menschen nur gleichgeschlechtliche
Paare bildeten, jeder Agent seine Partner betrügen oder bestehlen würde, dann würde jedes von solchen Interaktionen
betroffene Sozialsystem absehbar zusammenbrechen. Die genannten elementaren normativen Interaktionen sind in der Tat
durch moralische Normen verboten.
Schenkt keine Frau im gebärfähigen Alter Kindern das Leben, kümmert sich kein Elternpaar um seine Kinder, hilft kein
Agent von ihm abhängigen hilflosen Menschen - vor allem Kranken und Alten - , so bricht jedes Sozialsystem absehbar
zusammen. Diese elementaren Interaktionen stellen durch aktive Vorschriften gebotene normative Interaktionen dar.
Die Vorschriften fallen mit bekannten moralischen Geboten zusammen.
2.9 Verantwortung für die Einhaltung von Stabilitätsbedingungen
Wenn ein Staat passive ethische Stabilitätsbedingungen in rechtliche Verbote überführt, dient er faktisch seinen
Bürgerinnen und Bürgern bestmöglich.
Dabei muss es sich aber um relativ wenige und zugleich jedermann verständliche Verbote handeln. Deren Geltung lässt
sich durch Androhung und notfalls Verhängung von Strafen dann auch breit durchsetzen.
Anders aktive ethische Stabilitätsbedingungen. Je schwieriger Folgen ethischer Interaktionen auszuführen sind, desto
weniger kann deren erfolgreiche Ausführung durch Androhung von Strafen erzwungen werden. Lediglich bei wenigen
elementaren aktiven ethischen Stabilitätsbedingungen, die fast jeder berücksichtigen kann, sind Strafen in der Praxis
zu deren Durchsetzung zielführend.
Wie soll man einen Ingenieur zwingen, schnellere oder sichere Flugzeuge zu entwickeln, wie einen Chirurgen,
Lungenkarzinome mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich zu operieren, wie eine Lehrkraft, Menschen so zu erziehen
und auszubilden, dass sie sich dereinst selbst helfen können um zu überleben? Nicht Zwang, sondern Anreize sind
nach aller bisherigen Erfahrung hier zielführend. Deshalb scheiterten auch totalitäre Gesellschaften an der
Wirklichkeit.
Die Forderung, eine ethische Stabilitätsbedingung einzuhalten, richtet sich deshalb nur an solche Akteure, die
modellhaft durch die Agentenmenge A beschrieben werden können, die zu der mit der Bedingung verknüpften
Interaktion gehört. Im folgenden werden wir die Begriffe Akteur oder Verantwortlicher weitgehend synonym verwenden.
Die meisten tragen keine Verantwortung für die Beachtung des Verbots, Atombomben einzusetzen. Dagegen können fast alle
Erwachsenen ein Gebäude anzünden oder jemand erschlagen. Die Verbote, keine Gebäude anzuzünden, niemand zu erschlagen
oder zu verletzen, sind Stabilitätsbedingungen, die im Verantwortungsbereich fast aller Akteure liegen.
Es existiert noch eine weitere, insbesondere politisch wichtige Asymmetrie, wenn wir z. B. an den Terrorismus denken.
Es gehört weit weniger Kompetenz dazu, ethische Verbote zu übertreten als ethische Gebote auszuführen: Es für Herostrat
weitaus einfacher, den Tempel der Diana zu Ephesus zu vernichten als das Gebot auszuführen, den von ihm verursachten
Schaden durch Wiederaufbau bestmöglich zu kompensieren.
2.10 Wann ist eine anwendungsorientierte Moralphilosophie möglich?
Geht es um Überlegungen, die mit elementaren Stabilitätsbedingungen und so auch mit ihnen zugeordnete moralischen
Normen zu tun haben, sind zutreffende Analysen in philosophischen oder theologischen Seminaren, ethischen Diskursen
oder Diskussionen im Rahmen der „Öffentlichkeit der Vernunft“ oder der „Vernunft der Öffentlichkeit“ [z. B. Wingert]
möglich, die z. B. zu Vertragstheorien führen.
Geht es indessen um die Lösung normativer Konflikte insbesondere dann, wenn auch nichtelementare Interaktionen in diese
verwickelt sind, sind philosophische oder theologische Analysen nur insoweit zielführend, als sie – wie im Recht
– elementare Normen höheren Ranges solchen niedrigeren Ranges vorziehen können Welche Normen höheren, welche
niedrigeren Rang haben, lässt sich philosophisch, theologisch oder rechtlich nur durch konsensbildende Diskurse,
nationale oder internationale Vereinbarungen erreichen. Diese stoßen indessen rasch an Grenzen der Anwendbarkeit.
3. Ethische Normen, Risikofaktoren und Risiken
Zusammenfassung
Wenn endlich viele ethische Bedingungen ethische Systeme mit hoher Wahrscheinlichkeit dynamisch stabilisieren können,
dann müssen diese mit kategorisch imperativischen Regeln zusammenfallen. Je weniger häufig diese befolgt werden,
desto größer die Risiken, die Systeme wie Menschen bedrohen.
Alles, was für einen beliebigen Menschen förderlich ist, ist es auch für die anderen Menschen. Der Begriff
"förderlich" soll aber in diesem Falle im allgemeineren Sinn von den "mittleren" Dingen
verstanden werden.
Marc Aurel, Selbstbetrachtungen
3.1 Endliche Sätze ethischer Bedingungen stabilisieren ethische Systeme
Da ethische Regeln „von allen“ zu befolgen sind, müssen es möglichst wenige und für jedermann verständliche sein,
soweit sie sich nicht ausschließlich an hochqualifizierte Akteure, etwa Ärzte und Ingenieure, richten.
Ethische Stabilitätsbedingungen als aktive Verhaltensregeln hängen von unserem Können ab, immer mehr der in der
Praxis wichtigen Regeln zudem vom wissenschaftlich-technischen Entwicklungsstand einer Kultur oder eines Staates.
Vergleiche der Stabilität setzen deshalb gleichen wissenschaftlich-technischen Stand voraus.
Minimale Sätze endlich vieler Regeln, die den ethischen Zustand des globalen Systems von Natur und Gesellschaft
– soweit es in unserer Macht steht – stabilisieren, bezeichnen wir im folgenden als Sätze ethischer Basisregeln.
Von jeder einzelnen passiven oder aktiven Basisregel fordern wir, dass sie zugleich den ethischen Zustand solcher
Untersysteme des globalen Systems stabilisiert, in denen die der Regel zugeordnete ethische Interaktion erklärt ist.
3.2 Ethische Interaktionen, Risikofaktoren und Risiken
Es kommt in der Praxis nicht vor, dass alle Agenten einer Klasse eine vorgegebene ethische Interaktion stets entweder
alle simultan ausführen oder stets alle simultan nicht ausführen: Interaktionen werden mehr oder minder zufällig
verteilt aus- oder auch nicht ausgeführt. Dies trifft um so mehr zu, wenn wir die „ganze Welt“ betrachten.
Dass es bei den Menschen „förderlichen Dingen“ um statistische Sachverhalte geht, war z. B. bereits dem Kaiser
Marc Aurel klar [Marc Aurel, S. 80].
Ausführung wie Nichtausführung wird somit nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit geschehen: Ethik wird notwendig
zu einer dynamischen Theorie von Ensembles ethischer Systeme.
Die charakteristischen Züge statistischer ethischer Systemtheorie führen wir nun schrittweise ein.
Werde rein hypothetisch eine verbotene ethische Interaktion v von allen Agenten der Agentenklasse von v zu einer
bestimmten Zeit ausgeführt, also die zu v gehörende passive Basisregel übertreten, dann mögen alle ethischen Systeme s,
in denen v vorkommt, in einen neuen Zustand übergehen. Der im allgemeinen vom wissenschaftlich-technischen Stand
abhängige Aufwand, den späteren in den früheren Zustand zurückzuführen, die Interaktion somit ungeschehen zu machen,
werde in s durch die Größe des zu v gehörenden makroethischen Risikofaktors r(v, s) gemessen. Später werden wir noch
genauer sehen, dass gerade passiven ethischen Basisregeln ein besondere Bedeutung zukommt.
Anschaulich beschreibt r(v, s) den Schaden, der mit einer verbotenen ethischen Interaktion v verbunden ist, wenn das
fiktive Ereignis, alle Agenten führen die verbotene Interaktion in den Systemen s aus, mit der Wahrscheinlichkeit
Eins eintritt.
Im Falle einer gebotenen ethischen Interaktion g messe der zugeordnete makroethische Risikofaktor r(g, s) den Aufwand,
der nötig ist, den neuen Zustand der ethischen Systeme s, entstanden dadurch, dass alle Agenten der Agentenklasse
von g zu einer bestimmten Zeit g nicht ausgeführt haben, in den Zustand zu überführen, der entstanden wäre,
hätten alle Agenten der zugehörenden Agentenklasse g tatsächlich ausgeführt.
Anschaulich beschreibt r(g, s) den Aufwand, den Schaden, der mit einer gebotenen ethischen Interaktion g verbunden ist,
wieder gutzumachen, wenn das „schädliche“ fiktive Ereignis, alle Agenten führen g nicht aus, mit der Wahrscheinlichkeit
Eins eintritt.
Wenn im folgenden nicht anders angegeben, seien alle r(v, s) und r(g, s) endlich. Beziehen sich Risikofaktoren auf den
einzelnen, dessen Schicksal von der Stabilität der s abhängt, sprechen wir von mikroethischen Risikofaktoren.
Einen endlichen makroethischen Risikofaktor haben wir mit der Wahrscheinlichkeit zu multiplizieren, dass das durch die
zum Risikofaktor gehörende Interaktion bewirkte Ereignis in den s eintritt; dieses Produkt muss für die betroffenen
Systeme s empirisch bestimmt werden. Wir bezeichnen es als das mit der Interaktion in den Systemen s verknüpfte
makroethische Risiko für die Stabilität der s.
Im Falle des mikroethischen Risikofaktors wird durch das mikroethische Risiko der Handlungsraum eines einzelnen
– und damit anschaulich seine Menschenwürde – bedroht; der Handlungsraum hängt von der Stabilität der s ab.
3.3 Makroethische Risikofaktoren und Ränge ethischer Regeln
Geht es um die Stabilität des globalen Systems von Natur und Gesellschaft und einen Satz ethischer Basisregeln,
deren strikte simultane Beachtung dieses stabilisiert, sei der Rang einer einzelnen Basisregel dem makroethischen
Risikofaktor proportional , der zu der mit der Regel verknüpften ethischen Interaktion gehört.
Der Rang einer ethischen Stabilitätsbedingung beschreibt somit deren Eigenbeitrag zur Stabilisierung des Gesamtsystems
g von Natur und Gesellschaft. Risikofaktoren und Ränge müssen wir empirisch bestimmen.
Analog dazu können wir für isolierte Subsysteme des Gesamtsystems g spezifische, u.a. regionale Risikofaktoren und
Ränge einführen.
3.4 Der Zustand eines ethischen Systems
Da wir ethische Basisregeln so eingeführt haben, dass diese auch solche Untersysteme des globalen Systems von Natur
und Gesellschaft stabilisieren, in denen die mit ihnen verknüpfte Interaktion vorkommt, können wir jedes ethische
System als Subsystem des globalen Systems durch kleinere Sätze als die des Gesamtsystems von Natur und Gesellschaft,
nach Rängen geordneter passiver und aktiver Basisregeln beschreiben. Diese ethischen Basisregeln beschreiben einen
Zustandsvektor der Dimension k, wenn k die Zahl der notwendigen ethischen Basisregeln bedeutet. Dabei möge die erste
Komponente dieses Vektors die Regel größten, die Komponente k die Regel kleinsten Ranges wiedergeben.
Ethische Basisregeln lassen sich durch Korrelationsanalysen bestimmen. Je kleiner Korrelationskoeffizienten zwischen
„Kandidaten“ für unterschiedliche Basisregeln sind, desto besser sind diese als Basisregeln geeignet. Ad-hoc-Versuche,
den Zustand unserer Welt durch statistische Analysen zu erhellen, hat etwa Lomburg unternommen [Lomburg, S. 327 ff].
3.5 Ethische Basisregeln als ethische Normen
Genau wenn alle ethischen Stabilitätsbedingungen als Basisregeln eines Zustandsvektors von allen Verantwortlichen
hypothetisch simultan befolgt werden, ist das Ensemble der ethischen Systeme s voraussetzungsgemäß stabil.
Die von uns systemtheoretisch eingeführten endlich vielen ethischen Regeln, die Natur und Gesellschaft global linear
stabilisieren, wenn sie von allen Verantwortlichen simultan beachtet werden, stabilisieren definitionsgemäß nicht nur
dieses globale ethische System sondern auch alle dessen Untersysteme, sofern in diesen eine zu einer speziellen
ethischen Regel gehörende ethische Interaktion vorkommt.
Ethische Regeln leisten dies genau dann, wenn sie die Form kategorisch imperativischer Regeln haben. Deshalb bezeichnen
wir von nun ab ethische Basisregeln als ethische Normen. Ethische Normen deshalb, weil sie als künstlich konstruierte
Normen von den kulturell überlieferten moralischen wie den durch parlamentarische Mehrheitsbeschlüsse oder
zwischenstaatliche Vereinbarungen festgelegten nationalen und internationalen Rechtsnormen begrifflich zu
unterscheiden sind.
Bereits wenige elementare ethische Normen, die mit überlieferten moralischen zusammenfallen, können Sozialsysteme von
der Familie über die Gemeinde zum Staat und zu ganzen Kulturkreisen stabilisieren. Sie genügen deshalb, den Zustand
eine Sozialsystems ethisch ausreichend zu beschreiben.
Folgende passive elementare Normen unterschiedlichen Ranges müssen aufgrund der absehbaren Langfristfolgen mindestens
„fast“ erhalten sein, um Gesellschaften langfristig absehbar zuverlässig zu stabilisieren:: Abtreibungsverbot,
Scheidungsverbot, Verbot der „Homo-Ehe“, Gewaltverbot, Verbot falsch zu kommunizieren (u.a. zu lügen oder betrügen),
Verbot von Besitzübergriffen. Folgende aktive Normen müssen strikt befolgt werden: erstens das Gebot, allen zu
helfen, die sich nicht selbst helfen können und zweitens die aktive Norm, allen Menschen zu helfen, sich
zukünftig selbst zu helfen (Überleben z.B. durch Ausbildung).
3.6 Elementare ethische Normen als Spielregeln gerechter Gesellschaften
Handelt es sich bei den zu stabilisierenden lebensnotwendigen Systemen speziell um Kulturen und Staaten, dann trägt
bereits die Untermenge elementarer ethischer Interaktionen die zu passiven Normen unterschiedlichen Ranges gehören,
tatsächlich zu deren Stabilität bei, ob die Mehrheit der Menschen dies nun einsehen mag oder nicht. Genau diese
Subsysteme passiver elementarer ethischer Normen betrachten wir per definitionem als gerechte Normensysteme.
Um gerecht zu sein, müssen in Kulturen und Staaten erstens moralische und rechtliche Verbotsnormen mit ethischen
verträglich sein und zweitens alle Verantwortlichen diese Normen in Alltag und Beruf auch häufig befolgen.
3.7 Ethik als Kontrastprogramm zum Darwinismus
Da alle Menschen, geborene, wie ungeborene, wo immer und wann immer sie leben oder gezeugt werden, unter dem Schutz
ethischer – oder mit ihnen verträglicher moralischer und rechtlicher – Normen stehen, bedeutet die hier skizzierte
ethische Systemtheorie das eigentliche Kontrastprogramm zum Sozialdarwinismus.
Ethik ist damit die Antwort der Kultur auf das Darwinsche Gesetz zur Erhaltung der Art ohne Schutz des Individuums.
Diesen Schutz verlieren Menschen dann und nur dann partiell, verletzen sie selbst autonom Normen und verursachen
so Normenkollisionen (4. Abschnitt).
3.8 Ethische Normen sind aus mathematischen Gründen unbedingte Regeln
Werden ethische Normen simultan befolgt, sind ethische Risiken, denen die Systeme ausgesetzt sind, in denen die
Normen aufgrund der mit ihnen verknüpften Interaktionen definiert sind, in linearer Näherung minimal und alle
zugehörigen makroethischen Risikofaktoren mindestens fast ausgeschaltet.
Das Entsprechende trifft für mikroethische Risikofaktoren und Risiken zu, unter denen der Einzelne im
entsprechenden Referenzsystem leidet.
Ist das Referenzsystem das globale System von Natur und Gesellschaft, dann minimiert die simultane Befolgung aller
ethischen Normen die makroethischen Risiken, die seine Stabilität bedrohen und zugleich die mikroethische Risiken,
denen in unserer Welt der Einzelne – im statistischen Sinne – ausgesetzt ist.
Mit anderen Worten: Werden hypothetisch alle ethischen Normen eines Ensembles ethischer Systeme, in denen diese
Normen definiert sind, von allen Agenten simultan befolgt, liegt – in linearer Näherung – für diese die bestmögliche
weltweite Risikoprävention und damit anschaulich die bestmögliche Erhaltung der Menschenwürde vor. Sowohl die
makroethischen als auch die mikroethischen Risiken sind dann simultan in linearer Näherung minimal.
3.9 Ethische Normen und Naturgesetze
Naturgesetze als kausale Konstruktionsregeln stabilisieren dann technische Systeme, wenn alle in einem speziellen
technischen System relevanten physikalischen Gesetze simultan berücksichtigt werden.
Ethische Normen als kollektive Stabilisierungsregeln zum Wohle des einzelnen spiegeln ebenfalls die Wirklichkeit
in Raum und Zeit wider.
Stabil können soziale wie technische Systeme – Systeme, die von Menschen konstruiert sind – nur funktionieren,
wenn die miteinander korrelierten Naturgesetze und ethischen Normen simultan berücksichtigt werden.
3.10 Risikobegrenzung als ethisches Grundprinzip
Da jedes mit einem ethischen Risikofaktor verknüpfte Ereignis, wenn es denn eintritt, Schaden in Höhe der Größe des
Risikofaktors verursacht, gehört ethische Systemtheorien zu den Schadensethiken.
Schadensethiken bleiben trotz ihrer langen Tradition meist die Antwort schuldig, wie man erkennen kann, was im
einzelnen wem schadet. Nur die Ethik des Utilitarismus [Mill] geht davon aus, eine Art ständiger Sozialforschung
könne herausfinden, was erfahrene Menschen für schädlich oder nützlich halten [z. B. Bentham].
Die Ethik der Risikobegrenzung beendet zudem die unselige „west-östliche“ Diskussion, ob der Einzelne oder die
Gesellschaft wichtiger sei: Ethische Normen dienen beiden.
Übrigens fordert auch unser Grundgesetz im Amtseid für den Bundespräsidenten, Artikel 56 [Seifert, S. 56] und
die Mitglieder des Bundeskabinetts Artikel 64 [Seifert, S. 394], „Schaden“ vom „deutschen Volk“ zu „wenden“.
Was im einzelnen Schaden ist, muss notfalls das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Schon immer waren Staaten Risikogemeinschaften, nicht erst, wie Beck meint, moderne Gesellschaften aufgrund der
zusätzlichen Risiken, die erst durch Anwendungen von Medizin und Technik entstanden sind [Beck]. Auch früher
waren die meisten Risiken, die vor allem mit politischem, militärischem und wirtschaftlichem Handeln verbunden waren,
für die meisten „undurchschaubar“, obwohl ihre absehbaren Langfristwirkungen teilweise für jeden Denkenden bereits
durch Gedankenexperimente zu erkennen waren.
4. Ethische Konflikte und ihre Lösung
Zusammenfassung
Wird eine ethische Norm gebrochen, scheitert wegen der Korrelation der mit unterschiedlichen Normen verknüpften
Interaktionen die gemeinsame kollektive und individuelle Risikoprävention: Ein ethischer Konflikt entsteht.
Je häufiger solche Konflikte entstehen, in die Normen großen Ranges verwickelt sind, desto geringer der Grad an
Gerechtigkeit, Freiheit und Nachhaltigkeit in infizierten Sozialsystemen und zwar zum Nachteil des einzelnen.
In jedem System der Moral treten Fälle auf, in denen Pflichten eindeutig einander widersprechen, und dies sind
die eigentlichen Schwierigkeiten und Probleme sowohl für die ethische Theorie als auch für das gewissenhafte
praktische Handeln
John Stuart Mill, Der Utilitarismus
4.1 Zur Entstehung ethischer Konflikte
Wir haben bereits gesehen, dass genau bei der simultanen Befolgung aller ethischen Normen makroethische wie
mikroethische Risiken zugleich linear minimiert und damit die Lebensbedingungen der Gesellschaft zusammen
mit denen von jedermann zugleich optimiert werden.
Dieser lineare Optimierungsprozess scheitert aus mathematischen Gründen bei Verletzung schon einer einzigen
ethischen Norm: Sowohl das globale als auch das individuelle Optimum wird verfehlt.
Das globale Optimum wird indessen in weit geringerem Masse als das individuelle tangiert. Wird ein einzelner getötet,
erschüttert dies – bleibt es ein Einzelfall und trifft es keinen „Prominenten“ – kein Land. Betroffene Menschen dagegen
erleiden größtmöglichen Schaden, auch ihre Familien werden oft aus der Bahn geworfen.
Der Grund für das Scheitern des linearen Optimierungsprozesses liegt – wie bereits schon angedeutet – in stets latent
vorhandenen Korrelationen zwischen unterschiedlichen ethischen Interaktionen und zwischen den diesen zugeordneten
ethischen Normen. Diese Korrelationen werden aktiviert, sobald eine ethische Norm gebrochen wird. Auf der Makroebene
gilt: Je größer der Rang der verletzten Norm, desto größer die destabilisierende Wirkung der durch die verletzte Norm
aktivierten Korrelationen. Auf der Mikroebene ist der durch einen ausgebrochenen ethischen Konflikt bereits
entstandene Schaden insbesondere für die in ihn verwickelten Menschen um so größer, je größer der Rang der
gebrochenen Norm ist.
Ethische Normen selbst hängen nicht von Überzeugungen, Gesinnungen und Motiven ab. Denn sie spiegeln die mit
den Normen verknüpften Interaktionen in Raum und zugleich unser tatsächliches Können wider.
Art und Größe von Korrelationen hängen einerseits von bestehenden natürlichen oder technischen Sachverhalten,
andererseits teilweise auch von tatsächlichen und oft recht unterschiedlichen Verhaltensmustern der in Konflikte
verwickelten Menschen ab. Diese letzten zu ermitteln, ist Aufgabe von Soziologie oder Psychologie. Bei religiös
Gesinnten dürften z. B. Korrelationen zwischen Verbotsnormen oft schwächer ausgeprägt sein als bei Ungläubigen.
4.2 Zur Lösung normativer Konflikte durch Intervention
Schon die drohende Verletzung einer passiven Norm, etwa des Gewaltverbots, aktiviert bisher latent bestehende
Korrelationen. Eine das Opfer gefährdende Verletzung einer ethischen Norm und damit das Scheitern der mikroethischen
Risikominimierung kann nur abgewendet werden, wenn ein Helfer oder das Opfer – soweit es dies selbst vermag
– jeweils eine bisher erhaltene Norm verletzen, etwa den Täter täuschen, einem Unbeteiligten die Waffe entwenden
oder eine andere, meist ebenfalls mit einer Normverletzung verbundene unverzüglich wirksame Gegenmaßnahme ergreifen.
Ob Opfer und Täter Personen, kleinere oder größere soziale Gruppen, z. B. Staaten, sind, spielt wegen der
linearen Näherung keine grundsätzliche Rolle.
Die in der Praxis üblichen genannten Reaktionen sind nach unserer Überzeugung richtig. Nach den ethischen Systemtheorien
sind sie objektiv richtig.
Denn jeder, der eine der ethischen Normen als erster von sich aus bricht, führt zum Scheitern der Risikoprävention
sowohl auf der Makro- wie auf der Mikroebene. Eine Wiedergutmachung des dadurch notwendig entstandenen Schadens
oder auch nur eine Minimierung der neu entstandenen ethischen Risiken ist nur möglich, wenn durch gezielte
Intervention eines Verantwortlichen bei dem „lokalen Störfall“ ethische Normen größeren zu Lasten von Normen
kleineren Ranges gezielt durchgesetzt werden.
Solche Interventionen kann man mit minimal-invasiven Eingriffen vergleichen, die in der modernen Medizin häufig
angewendet werden. Bei diesen muss notwendig auch gesundes Gewebe geopfert werden, um Menschen am Leben zu erhalten.
4.3 Ethische Systemtheorien bestehen aus Präventions- und Interventionsethik
Ethische Systemtheorien besitzen somit zwei Komponenten: die Präventions- und die Interventionsethik.
Die Präventionsethik ist der zweiten stets vorzuziehen. Beugt sie doch bereits dem Ausbrechen ethischer Konflikte vor.
Das geflügelte Wort „prevention is better than cure“, das den Unterschied zwischen medizinischer Prävention und
Intervention beschreibt, trifft auch den in Ethik, Moral und Recht vorliegenden Sachverhalt.
Die Interventionsethik begrenzt den mit einem bereits ausgebrochenen Konflikt notwendig verbundenen und durch ihn
entstandenen Schaden. Das „Kind ist hier bereits in den Brunnen gefallen“.
Aus der Forderung der Risikominimierung folgt auf der Mikroebene die bereits genannte, als Prinzip „Einmischung
und Duldung“ bezeichnete Interventionsregel [Rampacher 96, Rampacher 02]. Bleibt doch Verantwortlichen
nach Verletzung einer Norm in ihrem Verantwortungsbereich nichts anderes übrig, als die Verletzung von
Normen niedrigeren Ranges zu „dulden“, um durch ihre gezielte „Einmischung“ zukünftig wenigstens Normen
größeren Ranges Geltung zu verschaffen und damit den bereits entstandenen Schaden zu begrenzen.
Die Interventionsethik ist – im Sinne von Max Weber – eine Verantwortungsethik und unterscheidet sich grundsätzlich
von jeder Überzeugungs- oder Gesinnungsethik, wie sie etwa die Bergpredigt oder die oben erwähnte Stellungnahme
von Härle in geradezu „klassischer“ Weise beschreiben.
Unternehmer müssen z. B. in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Menschen entlassen. Nur dies Vorgehen sichert absehbar
das Überleben der Betriebe, verschafft den weiter in ihnen Beschäftigten Arbeit, ihren Familien den Lebensunterhalt
und dem Staat Steuern und Abgaben.
Regierungen und Parlamente müssen in „schwerer See“ Sozialleistungen reduzieren, um dem Zusammenbruch des ganzen
Solidarsystems zuvorzukommen. Die öffentliche Solidarität einer Gesellschaft zeigt sich darin, dass keinem
notleidenden Menschen – im Vergleich zu Gesellschaften gleichen wissenschaftlich-technischen Entwicklungsstandes
– zu viel zugemutet wird.
4.4 Zur Verletzung elementarer Umweltnormen
Normverletzungen müssen sich nicht unmittelbar gegen einzelne richten. Dies trifft für die Gegenwart und traf auch
schon in der Vergangenheit zu.
Wenn z. B. in alten Zeiten ein Herrscher eine seiner Städte, die von Waldbau und Holzverarbeitung lebte, anwies,
für den Bau eines Palastes mehr Holz zu fällen als hätte nachwachsen können, dann gefährdete dies die Zukunft des
Gemeinwesens wie die des einzelnen.
Der falsche Umgang mit der Natur schlug und schlägt heute erst recht – wie wir alle wissen – so auf den Einzelnen zurück.
Unter der neuen Situation litten schon damals besonders die Schwächsten, Menschen, die auf die Versorgung durch den
„Armenkasten“ oder auf Pflege im städtischen Spital angewiesen waren. Die Mittel der Stadt für diese Sozialeinrichtungen
gingen zurück. Die von der neuen Lage Betroffenen mussten notfalls durch Betrug, Diebstahl, Korruption, Unterschlagung
oder – wo möglich – Gewalt an Ressourcen gelangen, die sie zum Überleben benötigten.
5. Ethische Konflikte und Werte
Zusammenfassung
Je seltener normative Konflikte aufbrechen, desto friedlicher, gerechter, nachhaltiger und insgesamt freiheitlicher
entwickelt sich per definitionem eine Gesellschaft. Auf diese Weise als makroethische Systemgrößen präzise definierte
Werte und Leitideen hängen einerseits miteinander zusammen und lassen sich andererseits auch einzeln als makroethische
Ist- und als Soll-Größen messen.
[Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit] Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind
mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1
5.0 Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
Dies ist die Losung der am 26. August 1789 in Frankreich verkündigten Menschen- und Bürgerrechte. Sie steht auch an
der Spitze des Artikels 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ [Simma, S. 6], welche die Generalversammlung
der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verabschiedet hat.
Ihr Bekenntnischarakter unterscheidet sich nur wenig von entsprechenden Äußerungen großer Weltreligionen, insbesondere
der beiden großen Kirchen in Deutschland. Deklarationen und Übereinkünfte, so gut sie auch klingen und so sehr sie
unser Herz erwärmen mögen, ersetzen indessen keine vernünftige Begründung von „Grundwerten“ und erst recht nicht
deren weitgehende normative Durchsetzung in der gesellschaftlichen Praxis. Wir skizzieren deshalb den Zusammenhang
alter oder moderner Wertbegriffe mit Soll- und Ist-Größen normativer ethischer Systemtheorien.
5.1 Frieden als Ist- und Soll-Größe von Staaten
Leit- oder Wertbegriffe in Philosophie, Theologie, Rechtswissenschaft, Geschichte oder Soziologie werden bisher
begriffsgeschichtlich und ausschließlich verbal beschrieben. Artikel 3 der Menschenrechtserklärung erkennt jedem
Menschen ein Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit zu.
Die Formulierung der Menschenrechte ist unvollständig und unpräzise; sie braucht deshalb in akuten Konfliktfällen
höchstrichterliche Interpretationen.
Frieden als Abwesenheit jeder Gewalt zwischen Menschen spielte und spielt in den Gedanken und Hoffnungen der Menschen
eine ganz besondere Rolle. Auch alle Weltreligionen messen Frieden größte Bedeutung zu. Andersgläubige mit Krieg und
Terror zu überziehen, erscheint indessen dennoch religiösen Fundamentalisten als Gebot Gottes: Die jeweiligen
„Heiligen Schriften“ sind voller Widersprüche, die Zahl möglicher Fehldeutungen Legion.
In normativen ethischen Systemtheorien werden Leitbegriffe dagegen durch ihren Zusammenhang mit ethischen Interaktionen
und den zugehörigen ethischen Normen als makroethische metrische Soll- und Ist-Größen präzise erklärt. Sie lassen sich
laufend und weltweit messen.
Setzen sich Verantwortliche über Ergebnisse der ethischen Forschung hinweg, geschieht dies langfristig stets zum Schaden
betroffener Gesellschaften.
Schwerste Zielkonflikte sind mit elementaren Mensch-Mensch-Interaktionen sowie den diesen äquivalenten Interaktionen
verknüpft. Durch diese werden Bürgerinnen und Bürger durch Mitbürger, den eigenen Staat – und sei es durch „legal“
verhängte Todesurteile – oder durch von ausländischen Staaten unprovoziert vom Zaun gebrochene Kriege durch unmittelbare
Gewalt mit dem Tode bedroht; von Sicherheit im Sinne von Artikel 3 der Menschenrechte kann so in der realen Welt oft
keine Rede sein
.
Auch Staaten dürfen nur zur Beilegung eines bereits ausgebrochenen – und nur in Einzelfällen auch zur vorbeugenden
Verhinderung eines klar und eindeutig erkennbar kurz vor dem Ausbruch stehenden – normativen Konflikts ethische
Normen brechen und insbesondere im Zuge polizeilicher oder militärischer Maßnahmen auch töten. Andernfalls wären
ethische Normen keine unbedingten Stabilitätsbedingungen. Auch stehen Bürger des eigenen wie Bürger fremder Staaten
normativ unter dem gleichen Schutz. Sonst wäre insbesondere der Appell der ethischen Norm größten Ranges – nicht zu
töten – leer.
Die zeitabhängige Ist-Größe Frieden lässt sich als Friedensvektor darstellen. Nur wenn seine einzige Komponente
verschwindet, folglich der makroethische Risikofaktor vollständig ausgeschaltet ist, welcher der Klasse der zum
Tod führenden gewaltsamen Interaktionen zugeordnet ist, beschreibe dieser den Soll-Zustand Frieden.
Verschwindet die Komponente nicht, beschreibe sie die Wahrscheinlichkeit, mit der Menschen im zu untersuchenden Staat
durch spezifische elementare ethische Interaktionen ein gewaltsamer Tod droht: so durch Abtreibung, Vergewaltigung,
Raub, Folter, Krieg, Bürgerkrieg, Terrorismus oder auch Todesurteil.
Bereits heute liefern uns die Daten der nationalen Statistikämter, die Interaktionen wie den eben genannten zugeordnet
sind, recht zuverlässige Angaben über die Friedlichkeit einer Gesellschaft, auch wenn wir im allgemeinen noch nicht
wissen, wie stark diese mit anderen ethischen Interaktionen korreliert sind.
5.2 Gerechtigkeit als Leitgröße aller Sozialsystemen
Gerechtigkeit ist – im Unterschied zu Frieden – eine makroethische Systemgröße, die in jedem Sozialsystem, beginnend mit
der globalen Gesellschaft und ihren größten Untergliederungen, den Kulturkreisen und Kulturen, und endend mit Familien,
den kleinsten Sozialsystemen, in denen Eltern mit ihren Kindern zusammenleben, definiert ist. Gerechtigkeit ist eine
mindestens ebenfalls von Raum und Zeit abhängige makroethische Ist- bzw. Soll-Größe.
Die makroethische Soll-Größe Gerechtigkeit wird durch Abwesenheit normativer Konflikte beschrieben, die zwischen
elementaren passiven ethische Normen möglich sind. Der Größe Gerechtigkeit wird der Gerechtigkeitsvektor zugeordnet.
Seine erste Komponente ist der elementaren ethischen Mensch-Mensch-Interaktion mit dem größten endlichen ethischen
Risikofaktor zugeordnet; ihr Wert gibt das partielle ethische Risiko wieder, das mit jenem einhergeht. Die letzte
Komponente gehört zum kleinsten ethischen Risikofaktor und drückt das mit ihm verknüpfte partielle ethische Risiko aus.
Die Summe der partiellen ethischen Risiken beschreibt den Ist-Wert, den Gerechtigkeit als makroethische Systemgröße
einnimmt.
Ein Sozialsystem als Untersystem eines Staates, in dem kein Frieden herrscht, kann – so ergänzen wir die Definition
der makroethischen Leitgröße Gerechtigkeit – keinen optimalen Gerechtigkeitswert erreichen. Da jede Todesdrohung mit
einem unendlich großen Risikofaktor verknüpft ist, ist ihm kein endliches ethisches Risiko, sondern nur eine
Wahrscheinlichkeit kleiner Eins zugeordnet, dass ein Mensch durch Interaktionen getötet wird, die den Frieden
regional oder global verletzen.
Allein durch Gedankenexperimente kann man wesentliche Komponenten eines Gerechtigkeitsvektors identifizieren
(Siehe z. B. 3.5). Zur Ermittlung seines Ist-Zustandes bedarf es indessen stets statistischer Untersuchungen,
die aber teilweise in statistischen Jahrbüchern schon vorhanden sind.
5.3 Solidarität und Reformfähigkeit als Leitgrößen von Sozialsystemen
Mit Solidarität oder Brüderlichkeit verbinden die meisten die Vorstellung, dass Stärkere den Schwächeren helfen.
Solidarität setzt Unterschiede voraus. Akteure, die eine oder mehrere Interaktionen überhaupt oder zumindest weit
besser ausführen können als andere, und schwächere Menschen oder soziale Gruppen, wie Kinder, Kranke oder Senioren,
die von den Leistung der stärkeren profitieren.
Reformfähig sind nur Kulturen und Staaten, in denen Vernunft eine große Rolle spielt. Dabei verstehen wir unter
Intelligenz die Fähigkeit Verantwortlicher, eigene Lebensbedingungen absehbar zu optimieren, unter Vernunft die
Fähigkeit, Lebensbedingungen aller Menschen, leben sie heute oder morgen , absehbar zu optimieren. Was wir im
einzelnen absehen können, hängt auch vom Stand von Wissenschaft, Technik und Wirtschaft ab. Wer vernünftigen
Einsichten auch folgt, den bezeichnen wir als verantwortungsbewusst.
Immer dann, wenn die Konfliktprävention am Fehlverhalten Verantwortlicher scheitert, beeinflusst dies die makroethische
Systemgröße Solidarität. Sie wird durch den Solidaritätsvektor dargestellt.
Seine erste Komponente sei der gebotenen ethischen Mensch-Mensch-Interaktion mit dem größten, seine letzte der gebotenen
ethischen Interaktion mit dem kleinsten makroethischen Risikofaktor zugeordnet. Der Wert der ersten Komponente gibt
das partielle ethische Risiko, das mit dem größten, der Wert der letzten das partielle Risiko wieder, das mit dem
kleinsten Risikofaktor einhergeht, der einer aktiven ethischen Norm zugeordnet ist. Die Summe der partiellen ethischen
Risiken ergibt wieder den Wert der Ist-Größe Solidarität in dem fraglichen Sozialsystem.
Ethische Risikofaktoren ändern sich in der Zeit nur wesentlich, wenn die sich Wissenschaft, Technik und Wirtschaft
dynamisch entwickeln. Dieser Entwicklungsprozess vergrößert und verkleinert zugleich Risikofaktoren und Risiken.
Je besser es auf der Makroebene einer Kultur oder einem Staat gelingt, durch diese dynamische Entwicklung Risikofaktoren
zu vermindern bzw. bei großen Risikofaktoren diese im wesentlichen auszuschalten, desto vernünftiger oder reformfähiger
möge die Kultur oder der Staat heißen.
Ihr Soll-Wert der Leitgröße Solidarität besitzt stets eine endliche Größe. Denn während passive ethische Normen, mit
deren Hilfe Gerechtigkeit definiert wird, als Unterlassungen von jedermann zu befolgen sind, trifft dies für aktive
Normen niemals zu. Selbst Akteuren bester Fertigkeiten missglückt mitunter eine aktive Interaktion.
Jede Kultur, jeder Staat, jede Institution und insbesondere auch jedes Unternehmen ist auf Akteure angewiesen, die
aufgrund ihrer oftmals hoch spezialisierten Fertigkeiten in der Lage sind, aktive ethische Normen mit großer
Wahrscheinlichkeit erfolgreich auszuführen. Diese Fertigkeiten dürften einmal durch genetisch bestimmte Anlagen
und zudem durch den Stand des Ausbildungs- und – heute insbesondere auch – Forschungssystems bestimmt werden.
Warum nun ist Solidarität schon als isoliertes Phänomen eine notwendige Voraussetzung für Gerechtigkeit? Dies ist
leicht einzusehen. Denn wenn Menschen, die ohne selbst gegen ethische Normen verstoßen haben – also im Sprachgebrauch
„unschuldig“ sind – in Not geraten und nicht unverzüglich wirksame Hilfe durch mitmenschliche oder die öffentliche
Solidarität der Sozialsysteme erfahren, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich durch Verstoß gegen passive Normen
jene Ressourcen beschaffen, die sie für ihr eigenes Überleben und das ihrer Angehörigen unbedingt brauchen.
Bereits heute lässt sich die Solidarität eines Staates aufgrund der verfügbaren statistischen Daten grob abschätzen.
Besser wäre es, auch die Korrelationen zwischen unterschiedlichen Indikatoren zu untersuchen. Vergleicht man Staaten
ungefähr gleichen wissenschaftlich-technischen Standes sind Indikatoren, die unmittelbar mit aktiven ethischen
Interaktionen zusammenhängen wie Analphabetenrate, Erwerbslosenquote, Armutsgrenze, Einschulungsrate,
Fruchtbarkeitsrate, Inflationsrate, Insolvenzen, Investitionen in Bildung, Forschung und Umweltschutz,
Kaufkraftparität, Kindersterblichkeitsrate, Lebenserwartung, Luftbelastung, Nettolöhne, Patentbilanz,
Säuglingssterblichkeitsrate, Schattenwirtschaft, Staatsverschuldung.
5.4 Nachhaltigkeit als Leitgröße des Gesamtsystems von Natur und Gesellschaft
In diesem Abschnitt geht es ausschließlich um Mensch-Natur-Interaktionen, seien sie elementar oder nichtelementar,
seien sie passiv oder aktiv, welche die Stabilität der natürlichen Systeme – angefangen bei Wasser, Boden, Luft,
Pflanzen und Tieren unserer Umgebung bis hin zur gesamten Biosphäre – sowie solcher technischen Systeme absehbar
beeinflussen, ohne deren stabile Funktionsfähigkeit Menschen regional oder global nicht oder nicht sicher leben oder
überleben können.
Auch Eingriffe mit Hilfe moderner Methoden von Wissenschaft und Technik in unsere biologische Natur werden wir mit
unter Mensch-Natur-Interaktionen subsumieren, wenn diese nicht – leicht erkennbar – mit elementaren
Mensch-Mensch-Interaktionen äquivalent sind.
Zwei Beispiele. Geburtenkontrolle durch die „Pille“ ist ein künstlicher mit Hilfe der modernen Pharmazie vorgenommener
Eingriff in natürliche Mann-Frau-Interaktionen. Selbst diese moderne Geburtenkontrolle ist indessen, was absehbare
Langfristfolgen – im Sinne des alle tun es oder alle tun es nicht – anbelangt der klassischen Verhütung durchaus
äquivalent. Zur Zeit haben wir das Problem, dass in den westlichen Ändern die junge Generation ihre „generativen
Pflichten“ im statistischen Mittel nicht erfüllt, was zur Überalterung unserer Gesellschaften führt, während in
der „Dritten Welt“ die Bevölkerung bis 2050 noch dramatisch wachsen wird.
Würden wir in großem Stile die natürliche Fortpflanzung durch moderne Methoden der Reproduktionsmedizin ablösen,
können Gedankenexperimente und relativ einfache demographische Prognosen wenig erreichen. Denn hier können wir
wegen großer Korrelationen reproduktionsmedizinischer Eingriffe mit unterschiedlichen weiteren Interaktionen
nicht klar abschätzen, was langfristig absehbar geschieht. Stellen wir uns nur vor, alle Menschen würden in
Zukunft den Methoden der Reproduktionsmedizin und nicht mehr der natürlichen Mann-Frau-Interaktion der
Fortpflanzung ihr Leben verdankten. Wie würde sich dies auf den Zusammenhalt unserer Sozialsysteme auswirken?
Niemand weiß dies.
Der Begriff der Nachhaltigkeit im Sinne des richtigen Umgangs mit der Natur, eines Umgangs, der – soweit dies
in unserer Hand liegt – die Stabilität von Natur und Technik zum Wohle unserer Spezies und zugleich des
Einzelnen auch absehbar für künftige Generationen weltweit erhält, ist der eigentlich neue und der grundlegende
ethische Leitbegriff unserer Zeit [z. B. Radermacher].
Zwischen der Dynamik der Nachhaltigkeit, dem Bevölkerungswachstum und der Zahl der Single-Haushalte besteht ein
enger sachlicher Zusammenhang [Nature]. Mehr noch als das Bevölkerungswachstum bedroht der Trend zu Kleinfamilien
und Single-Haushalten z. B. die Artenvielfalt.
Mit Hilfe von Computermodellen lassen sich endliche Sätze passiver und aktiver nichtelementarer ethischer
Normen zur längerfristigen Stabilisierung der Untersysteme von Natur und Gesellschaft bestimmen, von denen deren
Stabilität die nachhaltige Entwicklung absehbar abhängt. Ausgewählte ethische Interaktionen bzw. mit ihnen
verknüpfte ethische Normen müssen möglicht wenig korreliert sein.
Die makroethische Leitgröße Nachhaltigkeit können wir durch den Nachhaltigkeitsvektor darstellen.
Seine erste Komponente ist dem größten, seine letzte dem kleinsten makroethischen Risikofaktor zugeordnet,
der mit ethischen Normen einhergeht, von deren Beachtung die Stabilität ökologischer und technischer Systeme
als Untersysteme des Gesamtsystems von Natur und Gesellschaft abhängt. Der Wert der ersten Komponente gibt das
partielle ethische Risiko, das mit dem ersten Faktor, der Wert der letzten Komponente das partielle ethische
Risiko wieder, das mit dem letzten Faktor verknüpft ist.
Je kleiner die Ist-Größe der Summe der partiellen ethischen Risiken ist, desto mehr nähert sie sich dem Soll-Wert
der Systemgröße Nachhaltigkeit an. Dieser ist – wie in allen Fällen, bei denen aktive Normen eine Rolle spielen
– niemals exakt Null.
5.5 Freiheitlichkeit als Leitgrößen von Kulturen und Staaten
Seit Jahrtausenden gibt es eine nicht endende Diskussion über den Zusammenhang von Gerechtigkeit und Freiheitlichkeit.
Viele Menschen sehen gefühlsmäßig einen „Widerspruch“ zwischen einer freiheitlichen und einer gerechten Gesellschaft.
Sie glauben an diesen Widerspruch, weil sie fest überzeugt sind, der Mensch genieße in seiner Gesellschaft um so mehr
individuelle Freiheit, je mehr jeder tun und lassen könne, was er wolle.
Diese Auffassung ist falsch. Denn Freiheit heißt – ein geflügeltes Wort Rosa Luxemburgs verallgemeinernd – immer
die Freiheit des anderen, nicht nur die Freiheit des anders denkenden.
In Wahrheit ist nur eine solidarische und dadurch gerechte Gesellschaft eine notwendige – indessen nicht
hinreichende – Voraussetzung für eine freiheitliche. Wachsende Freiräume für den einzelnen gibt es zudem nur
in einer reformfähigen, einer vernünftigen Gesellschaft, in welcher jene Agenten den Ton angeben, die über die
größten Fertigkeiten verfügen und damit auch faktisch die größte Verantwortung tragen.
Wir wollen die makroethische Leitgröße der Freiheitlichkeit sowie die mikroethische der Freiheit durch zwei Vektoren
beschreiben. Dieser umfassen jeweils alle ethischen Normen eines Satzes. In beiden Fällen ist die erste Komponente
der ethischen Interaktion mit dem Risikofaktor größten, die letzte der Interaktion mit dem ethischen Risikofaktor
kleinsten Ranges zugeordnet. Die Werte der Komponenten geben die partiellen makroethischen bzw. die partiellen
mikroethischen Risiken wieder, die mit den entsprechenden Risikofaktoren einhergehen.
Ist-Werte der Freiheitlichkeit bzw. der Freiheit als makro- bzw. mikroethische Größen eines zu analysierenden
ethischen Systems sind gleich der Summe der partiellen makroethischen bzw. mikroethischen Risiken.
5.6 Freiheitlichkeit und Freiheit als ethische Grundgrößen
Wir können nunmehr eine dritte gleichwertige Version des Konstitutionsprinzips einer empirisch gehaltvollen
ethischen Systemtheorie angeben.
Aufgabe der Ethik ist, im globalen Gesamtsystem von Natur und Gesellschaft sowie seinen Untersystemen jeweils
simultan die Freiheitlichkeit seiner Sozialsysteme zu optimieren. Individuen, die z. B. wegen des niedrigen
Entwicklungsstandes von Wissenschaft, Technik und Wirtschaft vorzeitig an Hunger, Krankheit oder Energiemangel
sterben, leben in alles andere als optimalen realen Freiräumen.
Der gemeinsame Optimierungsprozess für das Gesamtsystem wie für den einzelnen ist nur in linearer Näherung möglich.
Diese verliert ihre Gültigkeit, sobald normative Konflikte aufbrechen. Diese können entweder auf das Fehlverhalten
von Akteuren durch fehlende Einsicht – anschaulich fehlenden „guten Willen“ – oder aber auf deren mangelndes
Wissen aufgrund eines niedrigen Standes von Wissenschaft und Forschung sowie ineffektiver und ineffizienter
Volkswirtschaften zurückzuführen sind.
Je häufiger normative Konflikte ausbrechen, desto mehr fallen Freiheitlichkeit und Freiheit auseinander: Die
Konfliktprävention scheitert, nur gezielte Interventionen Verantwortlicher können Freiheitlichkeit der
Gesellschaft und individuelle Freiheit noch relativ optimieren, indem sie die erhöhten Risiken der bereits
entstandenen Konflikte eindämmen. Dies geschieht praktisch dadurch, dass die Freiheit solcher Personen und
Gruppen – teilweise drastisch – eingeschränkt wird, die für die autonome Verletzung ethischer Normen verantwortlich sind.
Die eingangs erwähnten impliziten Voraussetzungen der Handlungswissenschaften Medizin sowie der technischen
Wissenschaften passen zu dieser Forderung: Medizin und Technik sprengen Sinnes- und Handlungsgrenzen des
Menschen als Lebewesen und suchen so laufend des Freiräume zu erweitern.
Ein Ergebnis der bisher skizzierten dynamischen ethischen Systemtheorie ist, dass sie die Forderung von Sen
„Development as Freedom“ [Sen, p. xii] reproduziert und zugleich Bedingungen angibt, wie diese Forderung
auch durch gezielte Handlungen sozial, technisch, medizinisch und ökologisch umzusetzen ist. Die Durchsetzung
selbst liegt in der Hand von Politikern und Unternehmern.
Vor Sen hat wohl am substanziellsten und zugleich klarsten Tocqueville auf die Bedeutung von Freiheit und
Freiheitlichkeit hingewiesen. Die Basis seiner Analyse war seine genaue Beobachtung von Staat und Gesellschaft
in der damals jungen USA. Eine Zusammenfassung seiner Analyse findet sich am Schluss [Tocqueville, S. 360 – 364].
6. Aufgaben von Religion, Recht und Politik
Zusammenfassung
Ethik lehrt und erforscht, welche Normen entsprechenden Ranges ethische Systeme zum Wohle aller – auch im Falle
ausgebrochener normativer Konflikte – stabilisieren können. Die Befolgung ethischer Normen vermag Ethik nicht
durchzusetzen. Dies ist die Aufgabe von Religion, Recht und Politik.
"Die Kirchen treten dafür ein, dass Solidarität und Gerechtigkeit als entscheidende Maßstäbe einer
zukunftsfähigen und nachhaltigen Wirtschafts- und Sozialpolitik allgemeine Geltung erhalten."
Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der
Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland
6.1 Ethik und Religion
Religionen bemühen sich, Menschen einen Lebenssinn zu vermitteln. Zusätzlich haben sie bisher am meisten dazu
beigetragen, dass weltweit relativ viele Menschen moralische Normen autonom beachtet haben. In monotheistischen
Religionen drücken moralische Normen den Willen Gottes aus. Da Gott „ins Herz sieht“, nützt es dem Gläubigen nichts,
beachtet er moralische Normen nur, wenn ihm seine Mitmenschen Verstöße nicht nachweisen können.
Die wichtigsten moralischen Normen gehören – wie wir wissen – dem gemeinsamen Erbe aller großen Weltreligionen
(Weltethos) an und sind mit elementaren passiven und aktiven ethischen Normen identisch.
Ein Beispiel: Betrachten wir die „weltlichen“ unter den berühmten „Zehn Geboten“ [2. Mose, 20], etwa „du sollst
nicht töten“, „ du sollst nicht ehebrechen“, du sollst nicht stehlen“ und „du sollst kein falsch Zeugnis reden“.
Formen wir diese um in „du sollst Gewalt meiden“, „du sollst Frau und Kinder nicht im Stiche lassen“, „du sollst
dich nicht am Besitz anderer vergreifen“ und „du sollst niemand falsch informieren“, dann sind die Gebote
offensichtlich mit elementaren ethischen Normen identisch. In unserer Terminologie handelt es sich nicht
um Gebote, sondern um die weit einfacher zu befolgenden Verbote.
Die beiden großen Kirchen veröffentlichen von Zeit zu Zeit „Gemeinsame Texte“, so z. B. die Schrift „Für eine Zukunft
in Solidarität und Gerechtigkeit“ [Engelhardt]. Deren wesentlicher Inhalt, rein verbal formuliert, stimmt mit unseren
Überlegungen überein. Dies ist bereits durch Gedankenexperimente für nachvollziehbar.
Wo beide großen Kirchen einerseits und die ethische Systemtheorie andererseits zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen
kommen, ist z. B. der Schutz des menschlichen Lebens in allen seinen Stufen, von der Zygote bis zu den schwerkranken
Hochbetagten. Solange keine ethischen Konflikte ausgebrochen sind, spielen Ränge keinerlei Rolle. Mit jeder Norm
ist der Anspruch verbunden, sie unbedingt zu befolgen. Deshalb sind Gesinnungsethiken, welche die moralischen Normen
aus dem gemeinsamen Weltkulturerbe reproduziert, Ethiken des „common sense“ für den Umgang zwischen Menschen ausreichend.
Ist dagegen ein ethischer Konflikt entstanden, oder geht es um Normen im Umgang mit Natur, Technik und Wirtschaft,
dann entscheiden die – nur durch empirische Forschung zu ermittelnden – nichtelementaren ethischen Normen sowie
die Ränge der in einen Konflikt verwickelten Normen, die Geltung welcher ethischen Normen zu Lasten der Geltung
der übrigen durch Interventionen durchzusetzen ist.
Im Falle des menschlichen Lebens haben Normen, die eine Zygote als seine Vorstufe schützen, kleineren Rang als die,
die den Fetus oder gar einen bereits Lebenden bewahren [z. B. Rampacher 01].
6.2 Ethik und Recht
Da Ethik wie jede Wissenschaft, Verantwortliche und Öffentlichkeit nur regelmäßig über den Stand der Dinge aufklären
kann, was sie im Sinne der „öffentlichen Wissenschaft“ auch muss, vermag Ethik selbst nichts durchzusetzen.
Es ist deshalb insbesondere die Aufgabe von Recht und Politik, klar und verständlich formulierte und möglichst wenige
ethische Normen in grundlegende Rechtsnormen zu überführen. Deren Geltung ist dann durch geeignete politische Maßnahmen
– Strafen wie Anreize – weitgehend durchzusetzen.
Je größer der Rang einer Norm, desto größer müssen insbesondere rechtlichen Sanktionen sein, die Akteure treffen,
die Normen autonom übertreten.
Ist bereits ein normativer Konflikt ausgebrochen, muss das zuständige Gericht nur prüfen, ob der jeweils
Verantwortliche als erster, also autonom, eine Norm gebrochen oder – ist dies nicht der Fall – das Seine getan hat,
durch Intervention Normen größeren Ranges zu Lasten von Normen kleineren Ranges durchzusetzen.
Im Rahmen der ethischen Systemtheorie existieren weder eine individuelle Schuld noch eine diese Schuld „sühnende
Strafe“. Der Staat hat lediglich vom Gericht klar überführte Täter zu veranlassen, verursachten Schaden
im Rahmen ihrer individuellen Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise wieder gut zu machen. Der gute Wille
ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine empirisch zu ermittelnde Größe: Je öfters Menschen bisher
schon ohne jede soziale Kontrolle alle ethischen Normen befolgt haben, desto größer sei ihr „guter Wille“,
ihre Einsichtsfähigkeit.
Die Schuldfähigkeit eines Angeklagten – eine aufgrund unserer bisherigen medizinischen Kenntnisse kaum eindeutig
zu lösendendes wissenschaftliches Problem [siehe z. B. krankhafte Veränderungen am Hirn von Ulrike Meinhof,
SZ 295] – stellt das derzeitige Strafrecht vor im strengen Sinne unlösbare Probleme.
Verweigern Täter die ihnen gerichtlich auferlegte Wiedergutmachung, sind sie wegen fehlenden guten Willens in
Sicherungsverwahrung zu nehmen. Hier haben wir ein Beispiel für Prävention durch Intervention: Aufgrund der
vorangegangenen Ereignisse erzwingt eine sorgfältige Risikoabschätzung eine staatliche Intervention, nämlich
die aktive Beschränkung der Freiräume eines einzelnen.
Das Töten als wahrscheinliche Folge einer Reihe schwerer gewaltsamer Interaktionen ist niemals rückgängig zu machen.
Deshalb haben für eine gewaltsame Tötung Verantwortliche, je nach ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit, auf Zeit
in einen Fonds einzuzahlen, dessen Erträge Menschen zugute kommen, die durch Tötungsdelikte geschädigt wurden.
In diesem Sinne wäre das bisher bestehende Strafrecht abzuschaffen und die Idee der Wiedergutmachung als Zentrum aller
rechtlichen Maßnahmen vorzusehen, etwa nach dem Beispiel des Zivilrechts.
6.3 Ethik und Politik
Aristoteles hat Ethik als Teil der Politikwissenschaft gesehen. In ethischen Systemtheorien bildet dagegen umgekehrt
die Ethik die Grundlage der politischen wie der wirtschaftlichen Praxis. Denn je weniger sich die Politiker wie
Führungskräfte der Wirtschaft in der Praxis an ethischen Normen orientieren, desto geringer die Gerechtigkeit
und die Freiheitlichkeit der Staaten, für die sie Verantwortung tragen. Und desto weniger wird vor allem auch
die Menschenwürde gewahrt. Dies letzte Ziel wird in der Praxis am besten erreicht, wenn alle ethischen Normen
von allen Bürgerinnen und Bürgern wie auch dem Staate respektiert werden.
Kurz: Jede Kultur und jeden Staat „bestraft das Leben“, wenn diese und wenn dieser häufig ethische Normen größeren
Ranges verletzt. Eine einzelne Person, ein einzelnes Unternehmen und ein einzelner Staat können indessen durchaus
vom Übertreten ethischer Normen deutlich profitieren, solange möglich alle übrigen Mitspieler sich an alle ethischen
Normen halten. Deshalb werden Normen oft heimlich übertreten.
Seit Machiavelli wissen wir, dass Politik und überlieferte Moral selten zusammengehen. Machiavelli hat schlicht
die Realität beschrieben, wie sie sich dem kritischen Beobachter darstellt [Machiavelli]. Er hat nicht untersucht
– und auch nicht untersuchen wollen – wie ein Auseinanderklaffen von Moral und Politik sich auf die absehbare
Langfriststabilität von Staaten sowie das Wohl des einzelnen auswirkt. Genau dies aber war das Ziel unserer Überlegungen.
Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Föderalismus sind aus der Praxis über die Jahrhunderte gewonnene
Anwendungen, die erst durch normative ethische Systemtheorien angemessen begründet werden. Die genannten Begriffe
gehören zwar zur „Kultur des Westens“, schützen aber jeden, wo immer er lebt. Von „westlichen Werten“ zu sprechen,
weil sie nur im Westen entstanden sind, vernachlässigt das Wohl des einzelnen. Da dieses gemeinsam mit dem kollektiven
Wohl optimiert wird, ist der Streit obsolet, ob es primär um das individuelle oder das allgemeine Wohl gehe.
Der Nachweis, dass Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Föderalismus allesamt Anwendungen der
ethischen Systemtheorie sind, ist freilich noch zu führen. Ausführliche qualitative Vorarbeiten dazu haben vor
anderen Montesquieu [Montesquieu] und Tocqueville [Tocqueville] geleistet.
Ethik fragt stets nach dem absehbaren, nicht dem uns weitgehend unbekannten tatsächlichen Ende geplanter Maßnahmen,
insbesondere politischer, wirtschaftlicher oder technischer Vorhaben, wenn alle entweder allen relevanten ethischen
Normen gehorchen oder nicht gehorchen.
Diese Entscheidungsfrage ist heute unabweisbar. Denn wir können durch normwidrigem Umgang mit der Natur den Lebensraum
Erde schlagartig oder schleichend zerstören und so Lebensrisiken des einzelnen exponentiell wachsen lassen
[Rampacher 78].
Politik im Sinne der ethischen Systemtheorie hat außenpolitisch ihren Beitrag zur weltweiten Reduzierung von
Umweltrisiken sowie zur Erhaltung von Frieden und Gerechtigkeit zu leisten, insbesondere auch durch Entwicklungshilfe
im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe und damit als Ausdruck weltweiter Solidarität. Im Inneren muss die Geltung möglichst
viele Verbots- wie Gebotsnormen durch die Auflage zur Wiedergutmachung durchgesetzt werden, um faktisch Gesellschaft,
Wirtschaft und Technik im Dienste des einzelnen zu stabilisieren.
Zwangsmethoden sind nur zur Begrenzung von Schaden, sei es bei bereits ausgebrochenen normativer Konflikten, sei es
– wie bei der gerichtlich verhängten Sicherungsverwahrung oder bei Präventivkriegen, um einen zu allem entschlossenen
Diktator zu entmachten, der nach Massenvernichtungsmitteln greift – zum wirksamen Schutz der regionalen Öffentlichkeit
wie der globalen Risikogemeinschaft zulässig.
Keine Gesellschaft kann ohne Ausführung von Geboten existieren. Dies setzt – je nach dem technischen und wirtschaftlichen
Entwicklungsstand – Wissen und Fertigkeiten voraus. Damit ist neben der Reduzierung interner Umweltrisiken die Sicherung
eines hohen Ausbildungsstandes auf der Basis eines hohen Standes von Wissenschaft und Forschung das längerfristig
wichtigste innenpolitische Ziel moderner Staaten. Erziehung im Elternhaus und Ausbildung mit staatlicher Hilfe bedeutet
nicht mehr oder weniger als notwendige Hilfe zum Überleben.
Eine Gesellschaft, in der wegen ihrer hohen Wettbewerbsfähigkeit wenig Armut und viel Wohlstand herrschen, wird wegen
der geringeren Anzahl von Ursachen normativer Konflikte statistisch weniger Probleme damit haben, dass ethische
Verbotsnormen häufig genug befolgt werden: Wem in Notfällen rasch und wirksam geholfen wird, braucht nicht das hohe
Risiko von Normverletzungen einzugehen.
Der entscheidende Punkt ist, genügend Menschen zu finden, die nicht nur gut ausgebildet sondern auch bereit sind,
ihr Potential voll einzusetzen, die also „guten Willens“ sind. Dies ist eine notwendige Bedingung sowohl für die
individuelle wie die öffentliche Solidarität mit Menschen, die in Not geraten sind.
Für guten Willen „zu sorgen“ ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politik. Erfahrungen lehren, dass Anreize – auch
finanzielle Anreize – längerfristig weit mehr zu individuellen Höchstleistungen anspornen als selbst drakonische Strafen.
Die kurze Lebensdauer totalitärer Staaten zeigt dies. Höchstleistungen haben diese vor allem im Bereich der Zerstörung
erreicht.
7. Zusammenfassung
Nur ein eigenes interdisziplinäres ethisches Großforschungsprogramm ist zukünftig in der Lage, minimale endliche Sätze
ethische Normen, die mit ihnen verbundenen Risikofaktoren, Ränge und Risiken sowie Korrelationen zwischen Interaktionen
zu ermitteln, die mit unterschiedlichen Normen und ihren zugehörigen Risikofaktoren verknüpft sind. Die theoretischen
Grundlagen des Programms sowie die Überprüfbarkeit der Resultate durch regelmäßige vergleichende Beobachtungen sichert
eine normative Anwendungsbreite – auch im Umgang mit Natur, Technik und Medizin sowie bei der Lösung normativer Konflikte
– , die weit über bisher bekannte Zugänge der Ethik hinausreichen.
Ethik ist somit die immer neue vernünftige Antwort der Kultur auf den Darwinismus, nachdem innerhalb einer Spezies nur
die stärksten Individuen und insgesamt nur die am besten an ihre wechselnde Umwelt angepassten Arten – im stetigen
„Kampf ums Dasein“ überleben können.
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Stand 02.02.2003